Erotik in Salammbo

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Carol Rose
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Erotik in Salammbo

Beitrag von Carol Rose » So Mai 24, 2020 4:50 am

Salammbo ist auf verschiedene Lesearten zu lesen.

Eine davon ist die Leseart des Erotischen.

Warum ist Salammbo in Teilen auch erotisch angelegt?
Wäre es nicht besser, das Ganze von Erotik zu trennen, schadet es nicht eher?
Ist es nicht gerade das, was Frauen nicht wollen, als Objekt... Sexismus... ?

Diese Fragen sind legitim.
Ich werde diese hier nur abstrakt beantworten, die eigentlichen Antworten gibt Salammbo selbst.

1. Die Sexualität der Frau ist nicht frei in unserer Gesellschaft,
ich kann sie also nur befreien, wenn ich Frauen in einem erotischen Kontext den Freiraum gebe,
den ich mir für sie in der Gesellschaft in Bezug auf Sexualität wünsche, und mich nicht selbst zensiere,
was dann denjenigen Rechnung tragen würde, denen gegenüber opportun sein würde,
die ihr genau diese Freiheit nehmen. (patriarchales Moralkorsett)

2. Die Erotik in Salammbo dient also der Befreiung der Frauen (wie auch der weiblichen, nichtpatriarchalen Männer);
daher ist die Erotik in Salammbo stellvertretend für die Überschreitung und das Durchbrechen des patriarchalen Moralgeheges,
in denen Frauen gefangen gehalten werden.

3. Salammbo beschäftigt sich mit der Rolle des Menschen in der Gesellschaft, die er aufgrund seines Genitals zugewiesen bekommt.
Ich kann diese Problemkomplexe, die sich immer auf Menschen beziehen, nicht darstellen,
ohne deren Sexualität einzubeziehen. Mensch sein und sexuell sein gehört zusammen.

4. Salammbo erfährt durch den Erotikanstrich Interesse auch im patriarchalen Teil der Gesellschaft,
also in den Bereichen, die sich ganz und gar nicht für Frauenrechte, Feminismus und Geschlechterthemen interessieren. Diese Gesellschaftskritik wird über die Erotik durchgereicht.
(Wirkung eines trojanischen Pferdes, ähnl. "Feuchtgebiete" von C. Roche)
Dadurch erreiche ich genau diese Gruppe an Menschen, die, wenn sie sich ändern würden, die Situation der weiblichen Sexualtät
verbessern.
Nur durch diese breite Leserschaft, die ich durch Erotik generieren kann, erzeuge ich, so hoffe ich, einen kulturellen Wandel,
ob er klein ist oder größer, es werden Veränderungen nur erzielt, Paradigmenwechsel, wenn nachgedacht wird über Dinge,
die uns nicht bewusst sind. Sonst laufen wir immer im gleichen Modus, wie die Ziege, die an einem Stock festgebunden,
immer im Kreis läuft.
Salammbo entfernt den Stock, die Ziege kann nun frei auf der Wiese umherlaufen.
Ja, auch ein Frau, die aus dieser Freiheit heraus sich trotzdem in der Nähe des Stockes aufhält, patriarchal bleibt,
darf das, das gehört dann auch zu ihrer Freiheit.
Darum geht es: Es geht um freie Enscheidung, was Du machen möchtest.
Daher ist Sexualität auch frei. Vagina, Schwanz, Titten, ficken. Wenn ich das nicht sagen darf, haben wir ein Problem.
Sexualität kann nie etwas negatives sein, wenn ich Frauen befreien möchte, es spielt keine Rolle, welche Wörter ich verwende,
wenn Sexualität frei sein darf und immer positiv. Sexualität in negativer Konnotation zu sehen ist patriarchal und
frauenunterdrückend.

5. Es entsteht ein spezielle Stilistik, die Erotik einen melancholichen Anstrich verleiht, da diese immer in einem Problemkontext
präsentiert wird. sofern Leser_innen bereit sind, diesen Problemkontext jeder einzelnen Figur auch mitfühlen zu wollen.

6. Gesellschaftskritik in erotischer Form dargestellt , dürfte bisher eine sehr seltene Verbindung sein. Ohne Erotik
wäre Salammbo nicht in dieser Form denkbar.

7. Wenn ich über Frauen schreibe, kann ich Erotik nicht außen vorlassen. Erotik, Sexualität und Frausein sind untrennbar verbunden.

8. Eines steht aber fest: Erotik in Salammbo wird zwar an verschiedenen Stellen "softpornös" werden, aber im gesamten literarischen
Kontext weit weg von einer Wirkung des Schmuddeligen, wie er beispielsweise bei Texten von Charles Bukowski für mich entsteht,
die m.M.n. zutiefst ein Problem aufzeigen, die dieser Mann mit Frauen hatte. Er hat sie verbal zerstört, weil er seine eigene
Weiblichkeit verdrängte. (Frauenhass ist verdrängte Weiblichkeit - der YIN-Anteil wird durch die Erziehung in negativer Konnotation erlebt, patriarchal)
Erotik in Salammbo feiert das freie FrauSEIN, als Frau darfst Du nackt um das Feuer tanzen und tun was Du willst, ohne patriarchale Reglementierung. Salammbo zeigt eine Frau, die ihren Sex liebt, lieben darf, wie Pippi Langstrump ihre Freiheit.


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