George Bernard Shaw und Salammbo

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Carol Rose
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George Bernard Shaw und Salammbo

Beitrag von Carol Rose » Do Jun 04, 2020 6:02 am

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G.B.Shaw mit Buch an einem Tisch, 1911

Als ich die Wiki-Seite von George Bernard Shaw 2019 zum ersten Mal las, und die Zeilen las,
wie darüber berichtet wurde, wie G.B. Shaw arbeitete, dachte ich, hier wird die Struktur von Salammbo beschrieben,
deren erste Kapitel 2014 entstanden und das heutige existierende Material zum größten Teil Frühjahr 2017.

Vorwegschicken möchte ich, dass ich weit davon Abstand nehme, mich mit Shaw vergleichen zu wollen, das dürfte selbstredend sein,
aber ich erwähne es, da es viel sonst wirklich annehmen könnten.
Mir haben aber die Prallelen dieses Wiki Artikels mit mir selbst gefallen,
die ich hier nun kurz aufzeigen möchte, und ja, bitte alles nicht zu ernst nehmen,
wie es jetzt vielleicht klingen mag.

Die einleitenden Sätze im Artikel:
"...war ein irischer Dramatiker, Politiker, Satiriker, Musikkritiker und Pazifist, der 1925 den Nobelpreis für Literatur und 1939 den Oscar für das beste adaptierte Drehbuch erhielt."

Nobelpreis: Ja wird sicher noch kommen (haha), bleibt ja nicht aus ne ?
Musikkritiker - das bin ich eher nur für mich
Adaption eines Romans in ein Drehbuch -> Salammbo ist bereits beim Schreiben wie ein Film angelegt
Pazifist > Ja, auf jeden Fall, habe den Kriegsdienst verweigert, war sogar vor Soldaten des 2. WK bei einer Gewissensprüfung und lese Erich Maria Remarque.
Darmatiker > Ja, Salammbo ist in großen Teilen dramatisch
Politiker > Ja, neben anderen Blogs, betreibe ich politische Agitation z.B. hier, und hier. Sowie auch hier.

"...Er litt vor allem in seiner Jugend an einer starken Sozialphobie"
Das kann ich für mich auch attestieren, das hat mir zumindest bis ca. zum 25. Lebensjahr meine Jugend verhagelt.
Ursache dürfte in einer Erziehung gelegen haben, die eine Ausbildung von Selbstbewusstsein permanent unterdrückt hat. (narzisstische Eltern)
An dieser Stelle möchte ich anmerken, das ein Kind, was seine Eltern liebt, diese aber gleichzeitig narzisstisch sind, die A-Karte gezogen hat,
erst recht dann, wenn das für beide Elternteile zutrifft. Die Problematik stellt sich nicht nur in der Schnittstelle zwischen Eltern und Kind,
sondern auch zwischen Eltern und Eltern, deren permanenter Streit eine Traumatisierung bei mir ausgelöst haben dürfte.

"...Shaw arbeitete zuerst als kaufmännischer Angestellter..."
Tatsächlich entwickelt ich mein künstlerisches aktives Schaffen erst in meinem 2. Leben, in meinem 1. Leben war ich
Angstellter in einem Büro (bis zum 35. Lebensjahrr) und mit Bürokratismus beschäftigt.

"... Um seine Prosa zu entwickeln,[4] schrieb er zwischen 1879 und 1883 fünf Romane, die von verschiedenen Verlagen zurückgewiesen wurden."
Hier muss sich sicher niemand anstrengen, um sich darin widerzufinden. Salammbo dürfte für Verlage inkompatibel sein, allein die erotische
Attitüde dürfte für "patriarchale" Verlage zu heftig sein, ich habe daher nie angedacht, mich irgendeiner Zensur zu beugen und mich
einem Verlag anzudienen, unter- und einzuordnen.

"...Shaw war einer der ersten Musikkritiker, die sich weigerten, dem Geschlecht des Komponisten irgendeine Bedeutung in der Beurteilung des Werkes beizumessen."
Das ist bemerkenswert, Shaw war somit ein Vorreiter von dem, was wir heute unter Gender-Mainstreaming abheften, also dem Versuch,
soziale Geschlechtereinteilung zu vermeiden, also die Auflösung der patriarchalen Effekte > nur weil Du ein bestimmtes Genital hast,
erhälst du Privilegien oder auch keine, musst bestimmte Erwartungen erfüllen, sollst in bestimmter Weise fühlen, bzw. so tun als ob.

und zu Shaw*s Gender-Mainstreaming-Gedanken noch weiter:
"1923 fragte er die inzwischen geadelte Ethel Smyth in einem Brief, wie männlich das Werk von Händel und wie feminin die Arbeiten von Mendelssohn und Arthur Sullivan eigentlich seien."

"...Nach der Lektüre der Werke von Percy Bysshe Shelley wurde er im Jahr 1881 Vegetarier: „Es war Shelley, der mir als erster die Augen öffnete, wie barbarisch meine Ernährung war“, sagte Shaw 1901 in einem Interview."
Shaw wurde also im mittleren Lebensalter Vegetarier, was auch für mich zutrifft.

"...1882 las er Das Kapital von Karl Marx in der französischen Übersetzung (eine Übertragung ins Englische gab es noch nicht). „Das wurde zum Wendepunkt meiner Laufbahn. Marx bedeutete eine Offenbarung“, berichtete er später."
Die Realisierung der Mächte, denen wir durch Kapitalismus ausgesetzt werden, die den Humanismus in der Logik verdrängen, wurde ich
mir auch erst in meinen mittleren Lebensjahren bewusst. Ich gehörte also nicht zu den typisch linken Studenten, die bereits sehr früh
politisiert sind, sondern näherte mich dem Linkspolitischen von der konservativen Seite. Dazu verkehrte ich in Studentenkreisen nicht als Student, der ich ja nie war, sondern als Freund von Studentinnen.



Soweit die Betrachtung der Autoren selbst, noch spannender finde ich die Parallelen in der Betrachtung des Inhalts, des Aufbaus:

Zitat Wiki:
"... schenkte er politischen Problemen immer mehr Aufmerksamkeit und ließ dabei phantastische und satirische Elemente verschmelzen.

Als Vertreter des intellektuellen Theaters schuf Shaw einen neuen Dramentypus – das Diskussionsdrama, dessen Helden als Träger bestimmter Ideologien aufeinandertreffen. Das Hauptinteresse Shaws gilt nicht der Handlung, sondern dem Kampf der Meinungen, den Diskussionen über philosophische, moralische, politische Probleme, die seine Helden führen. Shaw greift oft zu satirischer Überspitzung und Groteske, seine Helden sind nicht selten exzentrisch."

Das kann ich 1:1 für Salammbo auch so aussprechen, dem brauche ich nichts mehr hinzufügen.

"...Eine Besonderheit von Shaws Publikationen sind die langen Vorworte. In diesen stellt er die in den Theaterstücken behandelten Themen und Probleme ausführlich dar, sodass die Vorworte mitunter länger sind als die Stücke selbst. "

Dieses Bedürfnis habe ich auch sehr stark, möchte aber keine Vorworte direkt mit dem Werk verknüpfen, versuche hier auf dieser
Webseite meine Gedanken zu erkären, wie es zu den einzelnen Kapiteln kam, die alle eine eigene Problematik darstellen.

"..„I write my forewords for the intellectuals and my plays for the dummies.“ („Ich schreibe meine Vorworte für die Intellektuellen und meine Dramen für die Dummen.“ "

Ja - Shaw geht hier auf das Problem ein, dass Du langweilige,intellektuelle Botschaften, Gesellschaftskritik nicht für sich gesehen interessant gestalten kannst, Du brauchst ein trojanisches Pferd, in Salammbo ist dies die Pseudohandlung und die Erotik.

"... Seine Dramen verändern sich damit von realistisch orientierten Stücken zu utopisch-visionären."

Salammbo spielt im Jahr 2077 und zeigt eine Utopie, die Realität wird aber in einer Rückblende immer wieder nebenangestellt,
die Rückblende zeigt unsere Gegenwart

"...eine aufklärerische, lehrhafte Form des modernen Theaters, die durch Kritik von Vorurteilen und Neukonstruktionen der Realität eine sich im Wandel befindliche Welt in die „richtige“ Richtung zu lenken beabsichtigt."

Salammbo versucht durch Erklärungsmodelle und mit einer lehrerhaften Attitüde nicht nur in Larmoyanz zu versinken und zu dokumentieren,
sondern auch Lösungen aufzuzeigen, das Verstehen der Gesellschaft in Bezug auf die politische Kategorie Geschlecht zu sensibilisieren.

Shaw zu Stalin, Despotismus und Eugenik:
Diese befürwortenden Positionen sind dem Umstand geschuldet, das Shaw ein Mann des 19. Jhd. war, wo Darwin als links galt,
Despotismus als legitime Flucht aus feudalen Systemen. In dieser Zeit war auch Antisemitismus en vogue und legitim.
Unter diesen Vorzeichen ist seine Haltung nur zu verständlich.



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